Ist nichts anderes vermerkt, gelangen die nachfolgenden Regelungen sowohl für Einrichtungen der öffentlichen Hand als auch für Einrichtungen, die durch Private oder Institutionen (z.B. Vereine und Stiftungen) betrieben werden, zur Anwendung.
Leistungen, die von Einrichtungen der Sozialhilfe und der sozialen Sicherheit gegenüber bedürftigen Personen erbracht werden (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 8 MWSTG), sind selbst dann von der Steuer ausgenommen, wenn die mit der Aufgabe betraute Einrichtung (nachfolgend Auftraggeberin genannt) diese nicht selbst erbringt, sondern den Auftrag an eine ebenfalls im Bereich der Sozialhilfe und der sozialen Sicherheit tätige Institution überträgt (nachfolgend Beauftragte genannt) und diese dafür entschädigt.
Diese Regelung kommt zur Anwendung, sofern folgende Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind:
- Die Auftraggeberin, welche die ursprüngliche Aufgabe hat, Leistungen im sozialen Bereich zu erbringen, ist ein Gemeinwesen (Bund, Kanton, Gemeinde).
- Beim Auftrag muss es sich um eine ganzheitliche Leistung (
MWST-Info Steuerobjekt) handeln. Dazu gehören auch die ihrer Natur nach nicht mit dem Sozialbereich verbundenen, an sich steuerbaren Nebenleistungen, ohne die der Auftrag nicht ausgeführt werden könnte (z.B. Verwaltungs- und Logistikleistungen).
Sind sämtliche Voraussetzungen erfüllt, sind die von der Auftraggeberin ausgerichteten Entschädigungen an die Beauftragte von der Steuer ausgenommen.
Beispiele
Von der Steuer ausgenommene Entschädigungen
- Der Kanton Solothurn ist verpflichtet, eine Anlaufstelle für Suchtabhängige zu führen. Er beauftragt deshalb die Firma HELPTOX AG, eine Anlaufstelle sowie einen Verpflegungsraum für die Suchtabhängigen zu betreiben. Sie hat die Aufgabe, die Suchtabhängigen zu pflegen, zu betreuen sowie ihnen gratis und im eigenen Namen Spritzen abzugeben. Diese Tätigkeiten werden durch den Kanton pauschal entschädigt.
- Da der Kanton Appenzell Ausserrhoden für die Betreuung von Opfern von Straftaten zuständig ist, beauftragt er Frau Bischoff, eine Beratungsstelle für solche Opfer zu eröffnen und in ihrem Namen Gratisdienste (z.B. Beratung, fachliche Betreuung) anzubieten. Frau Bischoff wird dafür vom Kanton entschädigt.
Überträgt nun die Beauftragte ihrerseits einen Teil des Auftrages oder den ganzen Auftrag an einen Dritten (Unterauftrag), so sind die von ihr an den Dritten ausgerichteten Entschädigungen ebenfalls von der Steuer ausgenommen, sofern auch der unterbeauftragte Dritte die hiervor aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.
Hingegen sind die als selbstständig geltenden Leistungen administrativer oder logistischer Art immer steuerbar (z.B. Reinigungen, Wäscherei, Überwachungsdienst, Erstellung von Abrechnungen).
Beispiel
Steuerbare Entschädigungen
- Die Einwohnergemeinde Nidau betreibt ein Wohnheim für Betagte. Sie beauftragt das Treuhandbüro ABC, die Buchhaltung zu führen sowie die MWST-Abrechnungen zu erstellen. Der Firma Blitzblank AG wird der Auftrag für die Reinigung des Heimes übertragen. Die Beauftragten erbringen unabhängige Leistungen, die nicht dem sozialen Bereich zuzuordnen und deshalb steuerbar sind.
Bezüglich weiterer zum Normalsatz steuerbaren Zahlungen der öffentlichen Hand wird auf Ziffer 6 verwiesen.