Von der Steuer ausgenommen sind die mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Leistungen durch dafür eingerichtete Institutionen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 9 MWSTG).
Die nachfolgenden Bestimmungen gelten grundsätzlich für die Betreuung, Beherbergung und Verpflegung von Kindern und Jugendlichen, die das 18. Altersjahr noch nicht vollendet haben (
über 18-Jährige; s. Ziff. 3.8).

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Zur Abgrenzung dient das Kalenderjahr. Bis Ende des Jahres, in welchem der Jugendliche 18-jährig wird, gilt er als unter 18-jährig.
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Unter der Betreuung von Kindern und Jugendlichen versteht man die Übernahme der Verantwortung, um für das körperliche und geistige Wohlbefinden sowie für die Sicherheit des Kindes angemessen zu sorgen.
Erbringt eine Einrichtung solche Betreuungsleistungen, gilt sie als eine dafür eingerichtete Institution.
Eine im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung tätige Organisation gilt auch dann als dafür eingerichtete Institution, wenn diese Leistungen nicht ihre einzige Tätigkeit darstellen. Unter den Begriff Institution fallen nicht nur juristische Personen, sondern auch Personengesellschaften und natürliche Personen.
Leistungen im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 9 MWSTG) sind selbst dann von der Steuer ausgenommen, wenn die mit der Aufgabe betraute Einrichtung (nachfolgend Auftraggeberin genannt) diese nicht selbst erbringt, sondern den Auftrag an eine ebenfalls im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung tätige Institution überträgt (nachfolgend Beauftragte genannt) und diese dafür entschädigt.
Überträgt nun die Beauftragte ihrerseits einen Teil des Auftrages oder den ganzen Auftrag an einen Dritten, sind die von ihr an den Dritten ausgerichteten Entschädigungen ebenfalls von der Steuer ausgenommen.
Damit die an Kinder und Jugendliche erbrachten Leistungen von der Steuer ausgenommen sind, müssen sie in direktem Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendbetreuung stehen. Ebenfalls von der Steuer ausgenommen sind die ihrer Natur nach nicht mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen, an sich steuerbaren Nebenleistungen, ohne die der Auftrag nicht ausgeführt werden könnte (z. B. Verwaltungs- und Logistikleistungen). Es gelten die Bestimmungen gemäss Artikel 19 MWSTG.
Werden hingegen die als selbstständig geltenden Leistungen administrativer oder logistischer Art (z. B. Reinigungen, Wäscherei, Überwachungsdienst, Erstellung von Abrechnungen) an Dritte ausgelagert, so sind diese Leistungen immer steuerbar.
Beispiel 1
Die Stadt Bern möchte den Eltern schulpflichtiger Kinder die Möglichkeit eines Mittagstisches inklusive Betreuung und Aufgabenhilfe anbieten. Sie beauftragt daher die Stiftung «Essen für Kids», um in verschiedenen Schulhäusern einen entsprechenden Mittagstisch einzurichten. Die Stiftung «Essen für Kids» überträgt ihrerseits die Aufgabe an den Verein «Kinderbetreuung», um einen solchen Mittagstisch in den Schulanlagen im Westen von Bern aufzubauen. Sowohl die Entschädigung, welche die Stiftung von der Stadt Bern erhält, als auch diejenige, welche die Stiftung dem Verein ausrichtet, ist von der Steuer ausgenommen.
Beispiel 2
Gleiche Situation wie in Beispiel 1, nur beauftragt die Stiftung «Essen für Kids» zusätzlich das Treuhandbüro «Sonnenschein» mit der Fakturierung und dem Inkasso der Kosten an die Eltern. Hierbei handelt es sich um rein administrative Tätigkeiten, welche an Dritte ausgelagert werden, weshalb diese Leistungen der Steuer zum Normalsatz unterliegen.
Beispiel 3
Gleiche Situation wie in Beispiel 1, doch da bei einigen Schulhäusern keine Küche zur Verfügung steht, bezieht die Stiftung «Essen für Kids» die fertigen Mahlzeiten vom Restaurant Bären (keine Servierleistungen). Hierbei handelt es sich um eine selbständige Mahlzeitenlieferung, welche nicht in direktem Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendbetreuung steht. Diese Lieferung ist vom Restaurant Bären mit dem reduzierten Steuersatz abzurechnen.
Beispiel 4
Der Kanton Zürich errichtet ein Heim für schwererziehbare Kinder in Oerlikon. Zusätzlich zum Heimneubau wurden zwei Aussenstandorte für die Wohngruppen A und B von Dritten zugemietet. Der Kanton Zürich beauftragt den Verein «Lichtblick» mit dem Betrieb des Heimes und der Wohngruppen. Der Verein «Lichtblick» überträgt die Führung der Wohngruppe A der Sozialarbeiterin Sandra Meier, die Wohngruppe B wird durch die «Betreuungs AG» geleitet. Sowohl die Erträge, welche der Verein vom Kanton Zürich erhält, als auch diejenigen, welche der Verein Sandra Meier und der Betreuungs AG ausrichtet, sind von der Steuer ausgenommen, da sie in direktem Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendbetreuung stehen.
Beispiel 5
Gleiche Situation wie in Beispiel 4, jedoch wird die Wäscherei «Blitzblank AG» vom Verein «Lichtblick» beauftragt, die Reinigung der Wäsche zu übernehmen. Die «Blitzblank AG» holt die Schmutzwäsche wöchentlich beim Heim ab und bringt die gereinigten Wäschestücke gleichzeitig wieder ins Heim zurück. Da die von der «Blitzblank AG» erbrachten Leistungen nicht in direktem Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendbetreuung stehen, sind sie zum Normalsatz zu versteuern.
Praxisänderung per 01.01.2021 (betreffend Gültigkeit;
MWST-Info Zeitliche Wirkung von Praxisfestlegungen).