Mit dem Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) wird Artikel 63a Bundesverfassung umgesetzt, auf welchen sich Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV bezieht. Danach gelten die universitären Hochschulen, die kantonalen Universitäten und die eidgenössischen technischen Hochschulen sowie die Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen als Institutionen des Hochschulwesens des Bundes und der Kantone (Art. 2 Abs. 1 und 2 HFKG).
Private Universitäten, Fachhochschulen, pädagogische Hochschulen und andere private Institutionen des Hochschulbereichs fallen nur dann in den Anwendungsbereich von Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV, wenn sie über eine institutionelle Akkreditierung nach HFKG verfügen (
Schweizerischer Akkreditierungsrat).

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Ausländische Hochschulen und Universitäten fallen unter Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV, sofern sie gemäss ihrem geltenden Landesrecht über eine Akkreditierung verfügen. Die entsprechende Akkreditierung ist nachzuweisen.
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Bei einer Zusammenarbeit zwischen diesen Institutionen wird vermutet, dass die unter einander erbrachten Leistungen im Rahmen der Kooperation im Sinne von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 30 MWSTG erfolgen. Ein besonderer Nachweis ist hierfür nicht erforderlich. Eine Überprüfung der Voraussetzungen bleibt vorbehalten (Art. 77 und 78 MWSTG).
Diese Vermutung gilt auch bei Universitätsspitälern, soweit diese mit einer Universität im Bereich Bildung und Forschung eng zusammenarbeiten. Hingegen gilt die Vermutung nicht für die Zusammenarbeit von Universitätsspitälern unter sich. Die Universitätsspitäler können jedoch das Vorliegen einer Bildungs- oder Forschungskooperation nachweisen (
Ziff. 3.3.2 und 3.3.3).
Soweit die Forschungsanstalten des ETH-Bereichs (nach Art. 21 ETH-Gesetz und Art. 1 Bst. b Verordnung ETH-Bereich; d. h. Eawag, WSL, EMPA, PSI) im Bereich Bildung und Forschung eng mit einer Hochschule zusammenarbeiten, gilt die Vermutung ebenfalls. Hingegen gilt die Vermutung nicht für die Zusammenarbeit zwischen den Forschungsanstalten des ETH-Bereichs sowie mit den Universitätsspitälern.
Beispiele
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Die inländischen Universitäten A und B haben zusammen mit der ausländischen Universität C ein gemeinsames Forschungsprojekt im Bereich Weltraumtechnik. Währenddem sich die Universitäten A und B vornehmlich mit der technischen Beschaffenheit des Prototyps befassen, hat sich die Universität C zum Ziel gesetzt, die Oberflächennutzung zu verbessern und mit neuen Funktionen zu versehen. Bei den drei Universitäten handelt es sich um Hochschulen nach Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV, weshalb die Vermutung des Vorliegens einer Bildungs- und Forschungskooperation greift und kein weiterer Nachweis erforderlich ist.
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Das Universitätsspital des Kantons X beteiligt sich sowohl an der Forschungsstudie der Universität des Kantons X, wie auch an der Forschung der Universität des Kantons Z. In beiden Fällen liegt eine Zusammenarbeit vor, die sich auf Artikel 36 Absatz 3 HFKG stützt, so dass kein weiterer Nachweis erforderlich ist.
Die Vermutung, dass die untereinander erbrachten Leistungen im Rahmen einer Kooperation im Sinne von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 30 MWSTG erfolgen, gilt ebenfalls, wenn die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen des Hochschulwesens in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG), einer GmbH oder eines Vereins organisiert ist und erfolgt. Dies bedingt jedoch, dass ausschliesslich Institutionen nach Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV an diesem Gebilde beteiligt sind. Eine Anwendung auf Stiftungen oder Genossenschaften ist ausgeschlossen. Das Vorliegen einer Bildungs- und Forschungskooperation zwischen einer solchen AG, GmbH oder eines solchen Vereins und einer weiteren Institution nach Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV, die nicht an der AG, GmbH bzw. am Verein beteiligt ist, bedarf des Nachweises.
Hingegen gilt die Vermutung nicht für einfache Gesellschaften, AG, GmbH oder Vereine, die aus einer solchen Bildungs- oder Forschungskooperation heraus entstehen (z. B. sogenannte Spin-off) und bei welchen keine Zusammenarbeit zwischen Institutionen des Hochschulwesens mehr vorliegt bzw. welche selber nicht als Institution des Hochschulwesens gelten.
Beispiele
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Die philosophisch-historische Fakultät der Universität A verzeichnet zu Studienbeginn einen ausserordentlichen Zuwachs an Studierenden. Um die zusätzlichen Vorlesungen durchführen zu können, mietet sie sich in den Räumlichkeiten der nahe gelegenen Fachhochschule für Gesundheit ein. Hier liegen zwei Institutionen gemäss Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV vor, weshalb grundsätzlich die Vermutung greifen könnte. Jedoch stellt die ESTV bei der näheren Überprüfung fest, dass keine Bildungs- und Forschungskooperation vorliegt, denn es fehlt an einer auf die Erbringung einer Bildungs- oder Forschungsleistung gerichteten Zusammenarbeit.
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Die Fachhochschule benötigt ein neues Buchhaltungssystem und bezieht dieses bei der Fachhochschule des Nachbarkantons. Hierbei handelt es sich um eine zum Normalsatz steuerbare Leistung, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 30 MWSTG fällt. Auch hier fehlt es an der Zusammenarbeit, die auf die Erbringung einer Bildungs- oder Forschungsleistung gerichtet ist.
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Die in der Rechtsform einer Stiftung bestehende Bibliothek B, welche der Universität Q angegliedert ist, beschliesst, zusammen mit anderen Bibliotheken eine gemeinsame Einkaufsstruktur aufzubauen und zu betreiben. Damit reduziert jede Bibliothek den eigenen Verwaltungsaufwand und profitiert zusätzlich von höheren Rabatten. Da die Bibliothek eine Stiftung und damit ein eigenständiges Rechtssubjekt ist, gilt sie nicht als Teil der Universität Q. Damit ist die Bibliothek B keine Bildungs- oder Forschungsinstitution nach Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe a MWSTV. Selbst wenn die Bibliothek B eine gemeinnützige Institution nach Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe b MWSTV ist, stellt die Zusammenarbeit mit den anderen Bibliotheken keine Bildungs- oder Forschungskooperation dar. Die Zusammenarbeit ist nicht auf die Bereiche Bildung oder Forschung ausgerichtet.
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Die Bibliotheken der Universitäten T und Q, welche Teil der jeweiligen Universität und kein eigenständiges Rechtsgebilde (z. B. Stiftung oder Aktiengesellschaft) sind, betreiben gemeinsam ein Bücherverzeichnis und ermöglichen somit die gegenseitige kostenlose Nutzung der Bücher. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit übernimmt die Bibliothek der Universität T die Führung des Bücherverzeichnisses, währenddem die Bibliothek der Universität Q für den Transport der Bücher verantwortlich zeichnet. Da die beiden Bibliotheken Teil einer Universität sind, ist ihr Handeln auf das Erbringen einer Bildungsleistung gerichtet. Dementsprechend können die beiden Universitäten das Vorliegen einer Bildungskooperation nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 30 MWSTG nachweisen und die sich gegenseitig erbrachten Leistungen als von der Steuer ausgenommene Leistungen behandeln.