Das Meldeverfahren muss nur dann obligatorisch angewendet werden, wenn es sich bei den zu veräussernden Vermögenswerten um steuerbare Leistungen handelt und die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Steuersatz berechnete Steuer 10'000 Franken übersteigt (zur Berechnung vgl. nachfolgendes Beispiel 3). Bei Veräusserungen an eine eng verbundene Person gilt diese Limite von 10'000 Franken nicht.
Veräusserungspreis
Der Veräusserungspreis im Sinne von Artikel 38 MWSTG umfasst grundsätzlich sämtliche bilanzierten und nicht bilanzierten Aktiven zum Verkehrswert, die zur Erbringung von steuerbaren Leistungen verwendet werden. Es gilt zu beachten, dass der Veräusserungspreis vom vertraglich vereinbarten Kaufpreis abweichen kann, da möglicherweise noch Schulden (z.B. passivierte Bilanzposten) verrechnet werden.
Keine steuerbaren Leistungen liegen beispielsweise vor:
Eine Transaktion kann sowohl steuerbare als auch von der Steuer ausgenommene Leistungen beinhalten. Wird das Meldeverfahren auch auf von der Steuer ausgenommene Leistungen angewendet, so wird für deren Veräusserung nicht optiert. Die Option für die Versteuerung der von der Steuer ausgenommenen Leistungen ist im Meldeverfahren ausgeschlossen (andere Verwendung durch den Erwerber;
Ziff. 5.1.ff.).
Nicht bilanzierte Werte sind, soweit dies möglich ist, entsprechenden bilanzierten Aktiven zuzuordnen und steuerlich wie diese zu behandeln.
Werden (bilanzierte und nicht bilanzierte) Aktiven für die Erzielung von Leistungen eingesetzt, die sowohl steuerbar als auch von der Steuer ausgenommenen sind, ist mittels eines geeigneten Schlüssels eine Aufteilung vorzunehmen (z.B. anhand eines Umsatzschlüssels oder des prozentualen Anteils der jeweiligen Vermögenswerte am Gesamtwert des zu veräussernden Vermögens). Ein allfällig zu bezahlender Goodwill ist sinngemäss zu behandeln.
Beispiel 1
Eine Garage mit angeschlossener Fahrschule (Schulung = von der Steuer ausgenommene Leistung) verkauft den ganzen Betrieb an eine andere steuerpflichtige Garage.
Bei dieser Transaktion werden Vermögenswerte verkauft, welche sowohl für die Fahrschule - deren Bezug und Unterhalt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten - als auch für die Garage - deren Bezug und Unterhalt zum Vorsteuerabzug berechtigen - verwendet wurden. Es liegt eine Transaktion vor, die aus steuerbaren und von der Steuer ausgenommenen Leistungen besteht.
Beispiel 2
Eine Garage mit angeschlossener Fahrschule (Schulung = von der Steuer ausgenommene Leistung) verkauft nur den Betriebsteil Fahrschule an eine andere steuerpflichtige Garage.
Bei dieser Transaktion werden ausschliesslich Vermögenswerte veräussert, die für eine von der Steuer ausgenommene Leistung verwendet wurden. Es liegen keine steuerbaren Leistungen vor. Das Meldeverfahren ist somit nicht obligatorisch anzuwenden. Eine freiwillige Anwendung des Meldeverfahrens ist gemäss Ziffer 2 allenfalls möglich.
Beispiel 3 (Berechnung der Steuer)
Die Garage mit angeschlossener Fahrschule übergibt den ganzen Betrieb an eine andere steuerpflichtige Garage (Fusion). Die Bilanz zu Buchwerten per 30.6.2018 sieht wie folgt aus:
Bilanz zu Buchwerten per 30.06.2018 (in Tausend Franken)
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Umlaufvermögen
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Kurzfristiges Fremdkapital
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Flüssige Mittel |
200
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Verbindlichkeiten aus L + DL
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200
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Forderungen aus L+DL
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210
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Delkredere
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- 10
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200
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Langfristiges Fremdkapital
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Materialvorräte
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30
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Bankschulden
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400
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Fahrzeugbestand
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270
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Total Umlaufvermögen
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700
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Total Fremdkapital
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600
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Anlagevermögen
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Eigenkapital
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Mobilien/Werkzeuge
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30
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Aktienkapital
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200
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Fahrzeuge Fahrschule
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150
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Zuwachskapital
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200
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Fahrzeuge Garage
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120
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Total Anlagevermögen
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300
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Total Eigenkapital
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400
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Total Bilanzsumme
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1'000
|
Total Bilanzsumme
|
1'000
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Zur Berechnung der Steuer sind die Bilanzpositionen (zum Verkehrswert) zu berücksichtigen, welche für den steuerbaren Bereich (Garage) genutzt wurden (= Veräusserungspreis). Der Verkehrswert, der zu veräussernden Aktiven beträgt 1,1 Mio. Franken (die Aktiven enthalten somit CHF 100'000, die nicht bilanziert sind).
Soweit dies möglich ist, sind diese nicht bilanzierten Aktiven den bilanzierten Aktiven zuzuordnen.
Können die nicht bilanzierten 100'000 Franken den bilanzierten Vermögenswerten nicht direkt zugeordnet werden, sind sie mittels eines geeigneten Schlüssels aufzuteilen. Im vorliegenden Beispiel könnte dies beispielsweise anhand der prozentualen Aufteilung der bilanzierten Vermögenswerte geschehen. Folgende Bilanzpositionen (Aktiven) sind der steuerbaren Tätigkeit (Garage) zuzuordnen:
Materialvorräte
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CHF
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30'000
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Fahrzeugbestand
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CHF
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270'000
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Mobilien / Werkzeuge
|
CHF
|
30'000
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Fahrzeuge Garage
|
CHF
|
120'000
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Total steuerbare Aktiven
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CHF
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450'000
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75%
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Folgende Bilanzpositionen (Aktiven) sind der von der Steuer ausgenommenen Tätigkeit (Fahrschule) zuzuordnen:
Fahrzeuge Fahrschule
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CHF
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150'000
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25%
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Total
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CHF
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600'000
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100%
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Die Bilanzpositionen Flüssige Mittel sowie Forderungen aus L + DL sind nicht in die Berechnung miteinzubeziehen.
75 % der nicht bilanzierten 100'000 Franken werden der steuerbaren Tätigkeit (Garage) zugeordnet. Dies entspricht 75'000 Franken. Das Total sämtlicher bilanzierter und nicht bilanzierter Aktiven, die zur Erbringung von steuerbaren Leistungen verwendet werden (Veräusserungspreis), beläuft sich auf 525'000 Franken (exkl. MWST). Die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Steuersatz berechnete MWST beträgt 40'425 Franken (Normalsatz 7,7 %). Somit ist das Meldeverfahren vorliegend obligatorisch anzuwenden.