(Art. 82 Abs. 2 und 93 MWSTV)
Wird ein unbeweglicher Gegenstand, der ganz oder teilweise für eine Tätigkeit mit Anspruch auf Vorsteuerabzug verwendet wurde, neu in geringerem Umfang für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeit verwendet, so ist auf dem Zeitwert des unbeweglichen Gegenstandes (ohne Wert des Bodens,
MWST-Branchen-Infos Liegenschaftsverwaltung / Vermietung und Verkauf von Immobilien oder Baugewerbe) die Steuer zum aktuell geltenden Normalsatz geschuldet, wenn die steuerpflichtige Person den unbeweglichen Gegenstand:
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Erworben, erbaut oder umgebaut hatte, als sie nach der effektiven Methode abrechnete, und sie den Vorsteuerabzug vorgenommen hatte; oder
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mit Meldeverfahren von einer nach der effektiven Methode abrechnenden steuerpflichtigen Person übernommen hatte.
Zur Ermittlung des Zeitwerts des unbeweglichen Gegenstandes ist pro Jahr eine Abschreibung von 5 % vorzunehmen. In der ersten Steuerperiode der Ingebrauchnahme ist der Wertverlust für die ganze Steuerperiode zu berücksichtigen. In der letzten noch nicht abgelaufenen Steuerperiode ist hingegen keine Abschreibung vorzunehmen, ausser die Ausscheidung erfolgt am letzten Tag der Steuerperiode.
Wurde der unbewegliche Gegenstand von der steuerpflichtigen Person erworben, erbaut oder umgebaut, als sie nach der effektiven Methode abgerechnet und hatte sie den Vorsteuerabzug vorgenommen, beginnt die Frist von 20 Jahren betreffend Abschreibung ab diesem Zeitpunkt zu laufen.
Hatte die steuerpflichtige Person den unbeweglichen Gegenstand mit Meldeverfahren von einer effektiv abrechnenden Person übernommen, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass der unbewegliche Gegenstand steuerentlastet ist und die Frist von 20 Jahren beginnt ab diesem Zeitpunkt an zu laufen. Die steuerpflichtige Person kann allerdings den Gegenbeweis erbringen (
Beispiel 2).
Diese Korrektur kann nicht im Abrechnungsformular vorgenommen werden, sondern ist der ESTV brieflich oder per E-Mail mitzuteilen.

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Überträgt eine mit SSS abrechnende steuerpflichtige Person einen steuerentlasteten unbeweglichen Gegenstand mit Meldeverfahren nach Artikel 38 MWSTG, erfolgt bei ihr keine Korrektur nach Artikel 93 MWSTV. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine obligatorische oder eine freiwillige Anwendung des Meldeverfahrens vorliegt und ob die übernehmende Person effektiv, mit SSS oder mit Pauschalsteuersätzen abrechnet. Es ist auch unbeachtlich, ob der unbewegliche Gegenstand Teil eines Gesamt- oder Teilvermögens ist oder ob ausschliesslich der unbewegliche Gegenstand übertragen wird.
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Beispiel 1
Effektiver Vorsteuerabzug und Verwendung für von der Steuer ausgenommene Zwecke
Philipp Schneider (Einzelfirma) rechnete von 1995 bis Ende 2016 nach der effektiven Methode ab. Per 1. Oktober 2007 erstellte er für 1 Mio. Franken (ohne MWST und ohne Wert des Bodens) ein Bürogebäude, das er ausschliesslich für steuerbare Zwecke einsetzte. Er zog deshalb die Vorsteuer vollumfänglich ab. Auf den 1. Januar 2017 wechselte er zur SSS-Methode. Per 30. November 2018 wird das Gebäude vermietet. Eine Option ist bei Anwendung der SSS nicht möglich. In diesem Zeitpunkt ist das Gebäude steuerunbelastet. Auf dem Zeitwert von 450'000 Franken (9/20 von CHF 1 Mio.) ist deshalb die Steuer zum Normalsatz von 7,7 % geschuldet.
Beispiel 2
Übernahme mit Meldeverfahren und Verwendung für von der Steuer ausgenommene Zwecke
Philipp Schneider (Einzelfirma) rechnet nach der SSS-Methode ab. Per 1. Oktober 2007 übernahm er für 1 Mio. Franken (ohne Wert des Bodens) von der Alpha AG, welche nach der effektiven Methode abrechnete, ein Bürogebäude mit Meldeverfahren, das er für steuerbare Zwecke einsetzte. Per 30. November 2018 wird das Gebäude vermietet. Eine Option ist bei Anwendung der SSS nicht möglich. In diesem Zeitpunkt muss Philipp Schneider grundsätzlich auf dem Zeitwert von 450'000 Franken (9/20 von CHF 1 Mio.) die Steuer zum Normalsatz von 7,7 % abliefern. Da Philipp Schneider jedoch nachweisen kann, dass die Alpha AG das Bürogebäude im September 2005 mit Meldeverfahren von einer nach der effektiven Methode abrechnenden Person übernommen und anschliessend zu 40 % für von der Steuer ausgenommene Zwecke verwendet hatte, sind bei der Berechnung nur noch 60 % des damaligen Übernahmepreises zu berücksichtigen. Er muss also nur auf 210'000 Franken (7/20 von CHF 600'000) die Steuer zum Normalsatz von 7,7 % abliefern.